ER IST WIEDER DA! |
2015 |
Das "neue Leben" des DKW F5 ab 2015:
Am 19.04.2015 begann das zweite Leben dieses Automobils zusammen mit 31 anderen Autos bei einer Ausfahrt durch Wiedtal, Rheintal, Vinxtbachtal und Brohltal:
Als Botschafter des Bosch-Sevice Vogtmann-Herold in Neuwied, das der kleine Wagen 1947 und in den Jahren danach mit aufbauen half, rannte der alte Kamerad im Pulk mit deutlich jüngeren historischen Spielkamaraden für PR-Zwecke.
Im Bild links wartet der stolze Gründervater vor dem Bosch-Service auf die zahlreichen Teilnehmer der gemeinsamen Ausfahrt bei bestem Wetter.
Auf seinen ultraschmalen 19-Zoll-Reifen wirkt er filigran und zugleich etwas majestätisch. Auch, wenn 18 PS heute eher hinderlich im Straßenverkehr sind, man weiß, was man mal geleistet hat.
Vor der Rheinfähre Bad Hönningen wartet der kleine DKW auf das Übersetzen. Wie schmächtig er wirkt vor dem wuchtigen Auburn Speedster, einem 5,7-Liter-Brummer aus den USA von 1936 - alte Kameraden unter sich...
...aber nur scheinbar, denn das hier abgebildete Exemplar ist ein Nachbau Ende der 70er Jahre gemäß originalen Konstruktionsunterlagen. Ein früherer Mitarbeiter des amerikanischen Cord-Konzerns hatte die bankrotte Firma gekauft und einige besonders schöne Modelle mit (damals) aktueller Großserientechnik noch einmal nachgebaut. Anstatt eines 150 PS starken 8-Zylinder-Reihenmotors mit 4,6-Litern Hubraum vom Flugzeugmotorspezialist Lycoming ist allerdings ein V8 von Chevrolet mit satten 300 PS unter der Motorhaube am Werk.
Insofern trotzdem ein legitimer Teilnehmer bei der Ausfahrt für historische Fahrzeuge, nur eben kein Oldtimer, sondern ein Youngtimer. Muss man auch erst mal drauf kommen.
Auf dem Bild rechts fährt der DKW über die alte B9 zwischen Bad Breisig und Brohl - mit absoluter Sicherheit habe ich selbst ungefähr 58 Jahre und drei Monate früher genau auf dieser Straße und genau in diesem Kleinwagen die erste Autofahrt meines Lebens unternommen: in Windeln und Decken gehüllt von meinem Geburtsort Bonn nach Andernach am Rhein.
Auf der anschließenden Strecke durch das Brohltal und vom "Jägerheim" weiter hinauf zum "Waldfrieden" am Kraterrand des Laacher-See-Vulkankegels sorgte mein beherzt - forscher Fahrstil dafür, dass während der steilen Strecke ein nachfolgender 2 PS stärkerer IFA F8 im Rückspiegel erstens immer kleiner wurde, zweitens aber die Temperatur des Kühlwassers in meinem DKW F5 immer größer.
Verdächtig nah an der 100°C-Grenze schnaufte der DKW mit zischendem Kühlerverschluss über die höchste Stelle am Waldfrieden und durfte sich auf der folgenden Bergabpassage hinunter zum Laacher See, dem größten Vulkan der Osteifel, wieder abkühlen.
In den Tagen danach machte ich mich daran, den von mir konstruierten elektrischen Zusatzlüfter (dem wahren Oldie-Freund sind solche Umbauten ein Graus) anzuschließen und in Betrieb zu nehmen.
Tagesgeschäft
Am 21. April rückte ich mit dem Oldie zu einem Notartermin im 11 km entfernten Neuwied an. Auf der vierspurigen B9 fuhr ich zunächst nur 65 km/h "schnell", die frisch überholte Mechanik war noch zu schonen. Aber kurz vor der Nettebrücke gab ich erstmals richtig Gas, um Anlauf für die folgende Steigung zu nehmen.
Das kleine Motörchen legte spürbar zu und die Tachonadel kletterte emsig auf die 80 und dann sogar darüber. Kann sein, dass das Instrument etwas zu viel anzeigt, wie das allgemein üblich ist, aber das war nicht das Ende. Da wäre noch was gegangen. Die anschließende Steigung hinauf ging das Tempo natürlich zurück, aber nicht unter 70 km/h. Im Schweinsgalopp ist der alte Veteran also diese Steigung hinauf gerannt und hat gezeigt, was er noch so alles kann! Ich war baff.
Heißes Eisen:
Nach dem Notartermin und bei Rückkehr in die Garage hat mich der Hafer gestochen: ich bin Ingenieur und habe eine Berufskrankheit - ich muss der Technik immer auf den Grund gehen. Nach dem Abstellen in der Garage wurde eine Infrarot-Kamera ausgepackt:
Wir sehen hier den heißen Auspruffkrümmer mit fast 250°C durch die Lüftungsschlitze der Motorhaube leuchten. Auf Detailfotos zeigte sich, dass das Kühlwasser mit 102°C in den Kühler hinein strömte und damit dem Siedepunkt (durch Frostschutzbeimischung auf 105°C erhöht) schon bedrohlich nah war. So lässt sich verstehen, warum die Kühlung des DKW in bestimmten Situationen instabil wird und überkochen kann - vom Kühler ging es mit immer noch 92°C zurück zum Motor.
Auto- und Freizeitschau in Andernach 2015
Als Gast bei den Oldtimerfreunden Andernach & Umgebung e.V. gab sich der DKW am 26. April 2015 vor dem Rathaus der "Bäckerjungenstadt" die Ehre.
Hier posiert der alte Wagen nicht ohne Stolz vor dem Eingang des Rathauses "seiner" Stadt, in der er bereits ab dem 20. September 1956 mit genau diesem Kennzeichen zugelassen war. Allerdings rollte der Wagen schon vorher, seit 1947, mit einem "Besatzungskennzeichen" durch die Stadt und ihre Umgebung.
Ein Oldtimer, was ist das schon? Davon gibt es viele. Aber ein Oldtimer aus dem Nachkriegs-Andernach, der da schon vor 68 Jahren herum gefahren ist - das findet sich nicht jeden Tag...
Das Publikumsinteresse an dem kleinen alten Wägelchen war beeindruckend. Vor allem am Nachmittag, als Sonne und blauer Himmel lachten, wurde der DKW zeitweise richtig "belagert" und fleißig mit Handys fotografiert.